10 Jahre Spectral/Ghostly International - 5 Jahre Mule Musiq + Interview

  • Und noch zwei Labeljubiläen bei uns: 10 Jahre Ghostly International im Berghain und 5 Jahre Mule in der Panorama Bar. Zusammen dürften sie eines der interessantesten, vielschichtigsten Programme in diesem Monat offerieren. Das in Ann Arbor, Michigan USA, beheimatete Label Ghostly International wird von Sam Valenti IV geführt, der es geschafft hat, experimentelle Collegegitarrenbands, feingeistige Electronica, New Disco, Oldschool Chicago House und State Of The Art Techno unter zwei Dächer (Ghostly und das Sublabel Spectral) zu vereinen und an ein größeres Publikum zu vermitteln als es jede einzelne dieser unterschiedlichen Subkulturmusiken jeweils alleine geschafft hätte. Und das liegt nicht nicht nur an dem tollen Ghostly-Logo. Auch heute Nacht gibt es, passend zum heterogenen Labelprofil, mit fünf Live Acts und zwei DJs die ganze Bandbreite der Musik zu hören. Sicher keine gewöhnliche Clubnacht, eher ein Minifestival. Auch ein Fest ist die Veröffentlichungspolitik des japanischen Labels Mule Musiq,das zusammen mit den Sublabels Mule Electronic und Endless Flight einen ganz eigenen Sound zwischen Deephouse, Ambient und abstrakter Electronic kreiert hat. Ihre Compilations kann man eigentlich alle blind kaufen, wo sonst bekommt man (auch ältere) Lieblingsstücke von Koze, Lawrence oder Terre Thaemlitz zusammen mit unbekannten und nicht minder talentierten japanischen Acts? Nun, das heutige Programm lässt auch keine Wünsche offen: Henrik Schwarz live sowie Toshiya Kawasaki (alias Koss), Lawrence, Toni Lionnie und Tobias Schmidt an den Decks. Interview Sam Valenti IV Bitte stelle dich vor. Ich bin Sam Valenti IV, bin 29 Jahre alt und wurde in Michigan geboren, 19 Meilen von Detroit entfernt. Du hast vor zehn Jahren dein Label Ghostly International gegründet. Was sind deiner Meinung nach die wichtigsten Regeln, um ein Label über so lange Zeit erfolgreich zu halten? Arbeite mit Leuten, denen du vertraust. Veröffentliche ausschließlich Musik, von der du auch wirklich überzeugt bist. Entscheide zuerst nach künstlerischen Kriteren, dann nach geschäftlichen. Alles andere wäre ein Kompromiss! Wo positionierst du dich und dein Label momentan? Wir sind wirklich sehr dankbar, dass wir diesen Job noch machen können im 21. Jahrhundert. Es gibt Momente, wo man sich fühlt, als ob man Relikte, wie Hufeisen etwa, produzieren würde. Aber dann realisier ich auch immer, wie wichtig die ganze Sache ist. Wir wollen es spannend machen für die Leute, ihr Interesse halten. Den Raum mit unseren Veröffentlichungen finden zwischen Emotion und Zurückhaltung, mit Respekt vor der Intelligenz unserer Audienz. Du lebst im Mittleren Westen der USA, in Ann Arbour – gibt es dort einen spezifischen Sound oder eine Haltung, die sich in Ghostly widerspiegeln? Ja, wir stehen größtenteils in der Tradition der Musik des Mittleren Westens, hart arbeitend, mit einem ernsthaften aber romantischen Blick auf die Kunst. Die Vermählung von Seele und Sterilität macht den Sound aus Detroit und Chicago so speziell, diese Nebeneinanderstellung hält den Sound dieser Region interessant. Von Dilla über Phuture zu Dabrye. Stilistisch festlegen mögt ihr euch aber nicht. Macht das das Business eher einfach oder schwer? Es war schon eine Herausforderung am Anfang, aber langfristig gesehen hat es uns eine Flexibilität ermöglicht,wir konnten immer unterschiedliche Optionen abwägen. Ich habe Ghostly immer als eine kleine Galerie gesehen, die zwar immer wieder andere Kunst anbietet, aber vom Fundament und der Sensibilität auf durchgängigem Niveau arbeitet. Mit Ghostly liefert ihr auch immer ein starkes visuelles Konzept zur Musik. Ist das gerade in digitalen Zeiten wichtig? Der Mensch ist nun mal eine visuelle Species und bei der unfassbaren Menge an Musik, die in diesen Tagen veröffentlicht wird, ist es wichtig, dass man Musik mit bestimmten Bildern oder Farben assoziieren kann. Visuelle Talente zu entdecken macht mir genau so viel Spaß wie musikalische. Bei eurer Party im Berghain spielen fünf Live Acts und zwei DJs – wird es eine spezielle musikalische Dramaturgie geben? Wir werden ein Theaterstück über Berlin aufführen mit der Musik von Wagner, reinterpretiert von Jeff Mills und den pensionierten Mitgliedern von Kraftwerk. Sam Valenti IV spielt am Freitag, den 26. Juni, im Berghain.
RA